Die Beste aller möglichen Welten?
Donnerstag, 8. September 2011, 14:04
Logik ist nicht immer zwingend: Leibniz fand, da Gott allmächtig sei, müsse er die Beste aller möglichen Welten erschaffen haben. Ein paar Jahre nach dem Erdbeben in Lissabon, bei dem 30000 Menschen ums Leben kamen, veröffentlichte Voltaire seine polemische Entgegnung auf diese These: Den Roman "Candide oder der Optimismus". Der Held Candide wird hier über den Zustand der Welt eines Besseren belehrt.
Leider werden Apologien des Christentums oft mit dem "Christentum an sich" identifiziert. Dabei finden sich schon im "Candide" christliche Gegenpositionen zu Leibniz' These. Ein holländischer Kaufmann zum Beispiel antwortet wie folgt auf Candides Behauptung, wir lebten in der besten aller möglichen Welten:
"Die Menschen müssen die Natur schon ein bißchen verdorben haben, weil sie doch nicht als Wölfe geboren werden und sind doch Wölfe geworden: Gott hat ihnen weder Vierundzwanzigpfünder noch Bajonette gegeben, und sie schufen sich Bajonette und Kanonen, einander zu vernichten. Ich könnte die Bankrotte noch in Rechnung bringen, sowie die Justiz, die sich des Hab und Guts der Bankrottierer bemächtigt, damit die Gläubiger das Nachsehen haben."
Ich finde es sympathisch, dass damit der erklärte Atheist Voltaire auch Christen eine Stimme gibt. Vielleicht hatte er sogar Sympathien für manche christliche Utopie. Als Candide etwa einen Weisen aus dem Schlaraffenland Eldorado fragt, wie sie dort zu Gott beten, meint der:
"Wir beten gar nicht zu ihm, wir haben ja nichts zu begehren, er hat uns doch alles gegeben, was wir brauchen: wir danken ihm ohne Unterlaß."
Als Candide Priester sehen will, meint der Weise: "Liebe Freunde, wir alle sind Priester; der König und alle Hausväter singen allmorgendlich feierliche Dankgesänge, und fünf- oder sechstausend Musiker begleiten sie."
Was Voltaire hier als Utopie zeichnet, ist eigentlich ein Bestandteil evangelischen Selbstverständnisses. Woher er das wohl hat?
Ich bin zwar noch nicht ganz durch, finde aber, dass das ein äußerst unterhaltsames und aufschlussreiches Buch ist. Ich sollte mehr alte Franzosen lesen...
Jordanus
Leider werden Apologien des Christentums oft mit dem "Christentum an sich" identifiziert. Dabei finden sich schon im "Candide" christliche Gegenpositionen zu Leibniz' These. Ein holländischer Kaufmann zum Beispiel antwortet wie folgt auf Candides Behauptung, wir lebten in der besten aller möglichen Welten:
"Die Menschen müssen die Natur schon ein bißchen verdorben haben, weil sie doch nicht als Wölfe geboren werden und sind doch Wölfe geworden: Gott hat ihnen weder Vierundzwanzigpfünder noch Bajonette gegeben, und sie schufen sich Bajonette und Kanonen, einander zu vernichten. Ich könnte die Bankrotte noch in Rechnung bringen, sowie die Justiz, die sich des Hab und Guts der Bankrottierer bemächtigt, damit die Gläubiger das Nachsehen haben."
Ich finde es sympathisch, dass damit der erklärte Atheist Voltaire auch Christen eine Stimme gibt. Vielleicht hatte er sogar Sympathien für manche christliche Utopie. Als Candide etwa einen Weisen aus dem Schlaraffenland Eldorado fragt, wie sie dort zu Gott beten, meint der:
"Wir beten gar nicht zu ihm, wir haben ja nichts zu begehren, er hat uns doch alles gegeben, was wir brauchen: wir danken ihm ohne Unterlaß."
Als Candide Priester sehen will, meint der Weise: "Liebe Freunde, wir alle sind Priester; der König und alle Hausväter singen allmorgendlich feierliche Dankgesänge, und fünf- oder sechstausend Musiker begleiten sie."
Was Voltaire hier als Utopie zeichnet, ist eigentlich ein Bestandteil evangelischen Selbstverständnisses. Woher er das wohl hat?
Ich bin zwar noch nicht ganz durch, finde aber, dass das ein äußerst unterhaltsames und aufschlussreiches Buch ist. Ich sollte mehr alte Franzosen lesen...
Jordanus